53.400,00 €. Mit dieser Summe begann eine der vermutlich lehrreichsten und gleichzeitig herausforderndsten Phasen, die wir bei WILDPLASTIC bisher hatten. Denn was für ein etabliertes Unternehmen nach keinem desaströsen Betrag klingt, kann für ein Start-up einen großen Rückschlag bedeuten.
Wenn neue Märkte rufen
Mitte des Jahres bekamen wir eine Anfrage vom Hypermarkt Nantes Nord Distribution, welcher zu einer Unternehmensgruppe mit der französischen Einzelhandelskette E.Leclerc gehört. In dieser äußerten sie ihr Interesse daran, WILDBAGS in ihr Sortiment aufzunehmen. Für uns präsentierte sich die Anfrage als die Chance, auf dem französischen Markt Fuß zu fassen, sodass sich unser Team in ausführliche Gespräche mit den potenziellen Kund*innen begab. Über Monate wurden E-Mails geschrieben und Telefongespräche geführt, um alle Modalitäten zu besprechen und den Verkauf über 53.400,00 € abzuschließen. Durch Erfahrungen mit Unternehmen wie Rossmann, DM oder Edeka wussten wir, wie Verkäufe an großen Einzelhandelsketten ablaufen und vor allem, dass diese Bestellungen immer auf Rechnung tätigen.
So auch in diesem Fall, sodass unser Logistikdienstleister die Warte kommissionierte und zum Versand freigab. Kurz vor Auslieferung änderte unsere Ansprechperson von Nantes Nord Distribution die Lieferadresse für die Charge, was uns zwar irritierte, aber nach dem vorhergegangenen ausführlichen Kontakt nicht an der Glaubwürdigkeit der Kund*innen zweifeln ließ.
Wenn das Banalste der Welt passiert
Nach Auslieferung der Ware sendeten wir die Rechnung raus und warteten auf eine Zahlung. Als diese nach 45 Tagen nicht einging, versuchten wir, Nantes Nord Distribution mehrfach zu kontaktieren, ohne Erfolg. Es machte sich ein ungutes Gefühl breit und wir begannen, auf eigene Faust zu recherchieren. Erst konnten wir nichts Negatives über Nantes Nord Distribution finden, dann gelangten wir in ein Online-Forum, in welchem eine Person in einem Kommentar darüber berichtete, dass sich Menschen ihr gegenüber als Teil von Nantes Nord Distribution ausgegeben hatten, um Betrüge durchzuführen. Da dämmerte es uns. Nach drei Jahren harter Arbeit für den Aufbau einer Lieferkette war uns das Banalste der Welt passiert - Betrug!
Mit den Daten, die wir hatten, sind wir sofort zur Polizei in Deutschland gegangen und haben Anzeige erstattet. Diese hat uns jedoch relativ wenig Hoffnung gemacht, da der Fall über deutsche Grenzen hinausging. Deswegen hieß es ab diesem Zeitpunkt abzuwarten.
Die heißeste Ware auf dem Schwarzmarkt
Wenige Wochen später war wieder eine E-Mail auf Französisch in unserem Postfach. Diesmal von einem französischen Polizisten. Zuerst wollten wir diese als Teil des Betrugs abtun, aber waren doch neugierig und riefen bei der Polizei an. Der Polizist erklärte uns, dass in Frankreich ein illegales Warenlager bei einer Razzia hochgenommen wurde. In diesem Lager befanden sich unter anderem Paletten mit hochwertigen Solarpanelen, Duschgel, Deodorant und WILDBAGS im Wert von 53.400,00 € mit Lieferschein. Der Polizist hatte den Lieferschein gefunden und uns daraufhin kontaktiert. Für uns war das ein Moment des absoluten Unglaubens und der Freude zugleich. Unsere WILDBAGS auf dem Schwarzmarkt zwischen Duschgel, Deodorant und Solarpanelen?
Identitätsdiebstahl in 100 Fällen
Es stellte sich heraus, dass es sich bei den Betrüger*innen um Menschen aus Deutschland handelte, die in Frankreich agierten und dass dieser Warenkreditbetrug so nicht zum ersten Mal stattgefunden hat. Die Identität der Person von Nantes Nord Distribution, die uns zu Beginn kontaktiert hatte, wurde in mehr als 100 Fällen zum Zweck des Betrugs gestohlen und gefälscht. Es laufen aktuell Strafverfahren. Warum die Betrüger*innen es ausgerechnet auf unsere WILDBAGS abgesehen hatten, haben wir bis heute nicht herausgefunden, aber dafür aus der Erfahrung gelernt:1. Zukünftig werden wir vorsichtiger in der Geschäftsanbahnung sein und als extra Security-Check in der Firma der Kund*innen anrufen und uns zu der zuständigen Person durchstellen lassen.
2. Wir werden bei Anfragen, bei denen wir uns unsicher sind, die Person, die angefragt hat, auf LinkedIn suchen und uns mit Hinweis auf die Anfrage vernetzen.
Die gestohlenen WILDBAGS sind mittlerweile wieder bei uns im Lager angekommen. Ein großer Dank unsererseits geht neben dem französischen Polizisten an Nancy von Oktopulli und Malte von Goldeimer, die uns, nachdem sie von der Situation erfuhren, sofort mit Rat und Tat zur Seite standen. Stay WILD!
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